Nach meinem Russland-Kurzurlaub hieß es jetzt etwas in der Uni Gas zu geben, schließlich standen am 17.11. und 18.11. zwei Book Exams (Bücher-Klausuren) an. Das erste gabs in Neuropsychologie, das zweite in einem Kurs über Ethik und Führungsstile.

„Wunderbar, endlich wieder mal was lernen!“

So sieht das gute Stück aus

So sieht das gute Stück aus

Das schönste war ja bereits im Vorhinein, als Cosi (die ebenfalls die Neuropsychologie Klausur schreiben musste) und ich festgestellt haben, dass es das Buch, das mindestens 30 Studenten lesen und eine Klausur darüber schreiben müssen, ganze 3 Mal in der Universitätsbibliothek gibt. Bei einer Leihfirst von 2 Wochen und circa 8 Vorbestellungen hätten wir das Buch also bequem Ende Januar ausleihen können.

Also musste eine andere Lösung her, da das Buch auch online nirgends zu finden war (und wir haben in über 5 Ländern und mindestens 10 verschiedenen Unis gesucht). Aus der Not heraus kamen wir auf die Idee, das Buch (ein Exemplar stand als nicht-ausleihbar in der Bib) mit seinen schlappen 800 Seiten zu scannen. Nachdem es bei mir schon Probleme mit dem scannen gab und bei Cosi von 400 Seiten genau 3 abgespeichert worden sind, waren wir dann schon ein bisschen verzweifelt.

„Fundamentals of Human Neuropsychology“ erkundet die Welt!

Letztendlich habe ich mir das Buch dann einfliegen lassen. Wenn eine finnische Uni es nicht fertig bringt, eine anständige Anzahl an Büchern anzuschaffen, leiht man es sich eben an einer portugiesischen Privatuni aus, lässt es sich in einem Backpacker-Rucksack quer durch Europa nach Jyväskylä fliegen (Danke nochmal, Hannes :-*) und nimmt es 2 Wochen später im Handgepäck mit einem Zwischenstopp in Frankfurt wieder mit nach Portugal. So beschafft man sich in der heutigen Zeit also Bücher.

Was auch schon jeder wusste: Frauen denken wohl etwas komplizierter ODER: Männer sind einfach einfacher gestrickt!

Was auch schon jeder wusste: Frauen denken wohl etwas komplizierter ODER: Männer sind einfach einfacher gestrickt!

Trotzdem musste man es nach all dem hin und her ja auch noch lesen. 800 Seiten. Immerhin haben Cosi und ich uns das Buch zum Zusammenfassen aufgeteilt, sodass jeder nur 400 Seiten hatte. Am Ende kamen aber immerhin stolze 100 Seiten Zusammenfassung dabei raus und die musste man jetzt bloß noch auswendig lernen. Zugegeben, das Niveau ist nicht sonderlich hoch und man hat das meiste auch schon mal gemacht. Aber es ist einfach VIEL. Angefangen bei der Zellteilung im Biounterricht der 12. Klasse über Pädagogische, Differenzielle, ganz viel Biologische und Klinische Psychologie sowie das Beste der Neuroanatomie (das hat mir damals schon den letzten Nerv geraubt) hatten wir quasi ein Wrap-Up von allem zu lernen. Doch auch das haben wir irgendwie hingebracht und sind mehr oder weniger hoffnungsvoll in die Klausur.

„3 Fragen zum Buch, 3 Fragen zu den Artikeln“

Als uns aber die Dozentin erzählte, dass sich nur 3 Fragen um das Buch drehen und die andere Hälfte um 9 zusätzliche wissenschaftliche Paper (weils ja noch nicht genug war), dachten wir ein bisschen, wir haben uns verhört. Wir haben die Artikel natürlich gelesen und zusammengefasst, aber dadurch, dass das insgesamt nur ca. 200 Seiten waren und die Dozentin vorher meinte, die wären dazu da, um „einen groben Überblick über die aktuelle Forschung zu bekommen“ haben wir natürlich den Fokus auf das Buch gelegt. Hmm, super.

Anweisung der Dozentin: Lernt einfach das "Big Picture"

Anweisung der Dozentin: Lernt einfach das „Big Picture“

Aber der wirkliche „Die spinnen, die Finnen“-Moment war, als wir ernsthaft unter all dem Lehrbuchwissen und groben Forschungsüberblick gefragt wurden, was:

  1. Die Autoren von Studie X im Hinblick auf die verwendete Methode hätten besser machen können (Randomisieren etc.)
  2. Auf welche Mediatoren und Moderatoren in Studie Y getestet wurden
  3. Welche Beispiele die Autoren von Studie Z für das Auftreten der automatischen elektrophysiologischen Mismatch-Negativity (MMN) Welle anführen.

Sollte sich hier jetzt jemand fragen, wo denn das Problem liege, entschuldige ich mich natürlich. Aber in meinen Augen decken Frage 1. und 3. nicht relevante Aspekte der Paper ab und sind schon gleich gar nicht Bestandteil eines „groben Überblicks“. Zudem hätten wir uns, wenn wir diese Teilung in 3 Fragen zum Buch und 3 zu den Papern gewusst hätten, viel mehr auf die Paper fokussiert und sie dementsprechend auch tiefer gelernt.

Demgegenüber war mein zweites Bookexam einen Tag später mit nur 200 Seiten „How to make a good school education“ ein Kinderspiel.

Alles in allem war ich einfach nur froh, als die beiden Prüfungen vorbei waren und hoffe jetzt auch einfach mal, dass ich beide bestanden habe. Also, wie ihr seht, besteht mein Auslandssemester also nicht nur aus Reisen und Spaß sondern muss ich hier auch echt was machen.