Als eine Person, die Schnee liebt und der auch Kälte nichts ausmacht, war ein Lappland-Trip für mich natürlich ein Muss. Wie ein Schnitzel freute ich mich deshalb auf das Ende meiner Klausuren und Essay-Abgaben und den Beginn der Lappland-Reise zusammen mit Julia („Wang der chinesische Student“ 😉 ) am letzten Sonntag. Doch erstmal hieß es warten. Um 12 Uhr nachts und bei ca. 3°C durften wir uns nämlich dank einer einstündigen Verspätung unseres Buses schonmal ein bisschen auf die arktischen Verhältnisse einstimmen. Besonders schön war, dass wir nachdem der Bus endlich da war, nach gefühlt 5 Minuten Busfahrt schon die erste 45 minütige Pause einlegten (da der Bus aus Helsinki kam). Aber irgendwann fuhren wir dann doch gen Norden, Julia und ich (seit Russland ja schon wahre Omnibus-Nachtfahr-Profis) schliefen tief und fest und gegen 9 Uhr erreichten wir schließlich unser erstes Ziel, das Arktikum-Museum in Rovaniemi. IMG_20151207_095056Das Museum an sich war sehr interessant gemacht, viel über das Leben der Menschen in Lappland, die Tiere und natürlich über Nordlichter.

Miau

Miau

Heimatgefühle am Polarkreis

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„Feine Nürnberger Wafers Gingerbread“

Anschließend ging es zu einem kleinen Einkaufsstop um noch ein bisschen Verpflegung für die kommenden Tage zu besorgen. Ich fühlte mich ja schon ein bisschen verarscht: Seit ungefähr 5 Wochen bin ich auf der Suche nach Lebkuchen, da die Finnen anscheinend in dieser Beziehung keinen Geschmack haben. Ich habe vergebens in Jyväskylä, Porto, am Frankfurter Flughafen (der zwar gefühlt alle Pralinensorten aus Belgien und Trüffel aus Schieß-mich-tot aber keine Lebkuchen hat) und in Helsinki gesucht und mich eigentlich damit abgefunden, keine zu haben. Aber: In einem kleinen Lidl, mitten in Rovaniemi AM POLARKREIS (!!!) liegen über 20 Packungen „feinste Nürnberger Lebkuchen“, inklusive deutscher Beschriftung. Okay, das hätte ich natürlich wissen müssen, ist ja schließlich naheliegend Nürnberger Lebkuchen am Polarkreis zu suchen. Später entdeckte ich noch einige Flaschen „Nürnberger Christkindlesmarkt Glühwein“ und spätestens jetzt fühlte ich mich vollends heimisch.

Bamberg war auch noch vertreten

Bamberg war auch noch vertreten

„Das-ist-das-Haus-vom-Ni-ko-laus“

Meine bisherige Vorstellung

Abb. 1: Meine bisherige Vorstellung

Paperlapapp! Das sieht gar nicht so aus! Jahrzehntelang wurden hier falsche Tatsachen aufgetischt! Aber ich kann das ja jetzt aufklären: Das Haus vom Nikolaus besteht nicht aus 8 geschickt kombinieren Strichen (siehe Abb.1) sondern steht, gebaut aus Holz und Stein, in Rovaniemi/Finnland direkt am Polarkreis.

Richtigstellung: Das wahre Haus vom Nikolaus

Richtigstellung: Das wahre Haus vom Nikolaus

Um ihn herum wohnen circa 5 Souvenirhändler, ein paar Elfen und es gibt dort das offizielle Santa Claus Postamt. Und es ist wirklich schön dort. Überall schön beleuchtete Christbäume, ein riesiger Schneemann und im Hintergrund läuft unaufdringlich Weihnachtsmusik. Ich muss sagen, dass ich es mir kommerzieller und kitschiger vorgestellt hatte, aber ich fand es einfach nur stimmungsvoll und schön.IMG_20151207_211324 Ein bisschen verwirrend ist, dass es dort gleich 2 Weihnachtsmänner gibt (einer verlangt Geld für Fotos, wir waren dann natürlich beim anderen). Und nachdem wir uns einen Polarkreis-stempel in unserem Reisepass abgeholt hatten, ging es nochmal 250km nördlich zu unserem eigentlichen Ziel: Saariselkä.

Hier stehen wir gerade auf dem Polarkreis

Hier stehen wir gerade auf dem Polarkreis

Hallo Polarnacht!

Als wir schließlich ankamen, war es gegen 20 Uhr, also dunkel. Wir hätten aber auch um 9 Uhr morgens, um 4 Uhr nachmittags oder mitten in der Nacht ankommen können, das hätte keinen Unterschied gemacht, denn von 4. Dezember an ist in Saariselkä offiziell die Zeit der Polarnacht. Das bedeutet, dass die Sonne während dieser Zeit nicht mehr aufgeht. IMG_20151207_203309Dafür, dass das jetzt nach 24 Stunden Dunkelheit klingt, war ich überrascht, dass es doch so hell war. Ab ca. 10:30 Uhr gibt es nämlich ein wunderschönes Morgenrot, gegen 12 Uhr ist es dann am „hellsten“ und das Morgenrot geht nahtlos in ein Abendrot über, das bis ca. 14 Uhr geht. Wir bezogen unser Cottage zusammen mit 2 Spanierinnen, einer Ungarin und einer Deutschen, freuten uns über endlich mal wieder richtige Matratzen, einen Kamin und unsere private Sauna und legten uns schlafen.

Walking in a Winter Wonderland

Am nächsten Morgen machten wir uns auf um ein bisschen die Umgebung zu erkunden. Das bedeutet in unserem Falle, dass wir für 500 m locker eine halbe Stunde gebraucht haben, weil vor lauter staunen und Fotos machen das Laufen auf einmal zweitrangig war. Aber seht selbst:

11:18 Uhr: Morgenrot in unserer Cottage-Siedlung

11:18 Uhr: Morgenrot in unserer Cottage-Siedlung

11:41 Uhr "Wir bleiben wach bis die Wolken wieder lila sind" könnte in Lappland etwas länger dauern

11:41 Uhr „Wir bleiben wach bis die Wolken wieder lila sind“ könnte in Lappland etwas länger dauern

 

 

 

 

 

 

 

 

12:28 Uhr: Zeit fürs Abendrot

12:28 Uhr: Zeit fürs Abendrot

14:33 Uhr: Jetzt reichts dann auch mal wieder mit Tageslicht

14:33 Uhr: Jetzt reichts dann auch mal wieder mit Tageslicht

„Rudolph, the red nosed reindeer“

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Rudolph in Aktion

Danach ging es auf zu einer Rentierfarm. Voller Erwartungen wurden wir aber leider ein bisschen enttäuscht. Zuerst gabs eine Runde Schnee-Eishockey (mega lustig) und anschließend wurden wir jeweils zu zweit in einem Schlitten von einem Rentier im Kries gezogen. Und zwar wirklich nur im Kreis, der ganze Spaß hat keine 3 Minuten gedauert. Anstatt die Tiere freilaufend zu sehen und sie zu füttern wie die Gruppen vor uns, durften wir nur ein paar Fotos im Dunklen machen.

Habe ein Rentier gefangen und gezähmt ;)

Habe ein Rentier gefangen und gezähmt 😉

Danach gings in eine „Kotta“, eine finnische Holzhütte mit Lagerfeuer in der Mitte und wir durften Würstchen am Feuer grillen und immerhin noch ein paar Geschichten über Rentierhaltung und die Samikultur hören. Alles in allem fühlte man sich doch aber sehr als Tourist, den man schnell abspeisen wollte.

„Schneeschuhwandern“ hieß schließlich der letzte Programmpunkt des heutigen Tages und so wanderten (oder rutschen todesmutig Berge hinunter, wie in Stunt-Julias Fall) wir mal wieder im Dunklen durch einen verschneiten Wald. Und weil wir ja erst gute 3 Stunden vorher unsere Liebe zu gutmütigen und treuseeligen Rentieren entdeckt haben, ging es anschließend natürlich zum Rentieressen. Nachdem man aber sein anfängliches Zögern überwunden hatte, kam man in den Genuss einer weiteren Facette von Rentieren: Ihr Fleisch. Das war mit Abstand das zarteste was ich seit langem gegessen habe! Vorher noch eine ebenfalls wahnsinnig leckere Lachssuppe und der Abend nahm seinen Lauf.

„Actimel!?“ – Arctic Ocean aktiviert Abwehrkräfte!

Am nächsten Tag ging es dann auf nach Norwegen. Mal wieder kuschelige 5 Stunden Busfahrt und schon waren wir in Bugøynes, einem Fischerdörfchen mit rund 220 Einwohnern, gelegen in Nordnorwegen direkt am aktischen Meer. Dort gab es dann erstmal – wie kann es anders sein – Fischsuppe und dazu Geschichten eines ehemaliger Lehrers und jetzt Besitzer des wohl einzigen Bistros in Bugøynes. Ich finde es nach wie vor faszinierend, wie man so leben kann. Das nächste Krankenhaus ist 500km entfernt, die Schule hat nur 3 Klassen (1. – 4. Klasse; 5. – 7. Klasse und 7. – 10. Klasse) und Einkaufsmöglichkeiten sind auch eher begrenzt. Da wir ja noch ein gutes Stückchen Richtung Norden gefahren sind und nur noch knapp unter dem Nordkapp waren, war es auch dementsprechend dunkel. Das heißt, es war um 14:00 Uhr stockdunkel. Das haben wir auch gemerkt, denn anschließend gings zu einer Sauna. Die „Challenge“ war nämlich, im arktischen Meer zu baden. Da darf ich natürlich nicht fehlen. Vorher gab es ein paar Anweisungen was man tun muss damit man auch mit allen Extremitäten und Zehen wieder nach Haus fährt (z.B. Flip Flops anziehen, immerhin ist der Boden gefroren) und dann gings ab in die Sauna. Weil wir ein bisschen Zeitdruck hatten weil der Bus nach uns ja auch in die Sauna wollten, hatten wir nur 30 min in der Sauna. Also gings, geführt von unserem Tourguide, nach ca. 5 Minuten Sauna (meine Hände waren noch kalt) schon das erste Mal raus zum baden. Entgegen meiner Vorstellung, die Sauna wäre direkt am Ufer musste man noch einen kurzen Pfad runter zum Strand sprinten (vereist und mit FlipFlops, super Sache sag ich euch!) und dann hinein ins kühle Nass! Naja, kühl ist untertrieben. Ich hab in meinem Leben noch nie so etwas kaltes gefühlt. Dadurch, dass der Strand so flach war musste man relativ weit reinlaufen, das schlimmste dabei waren die Füße. Falls sich jemand mal gefragt hat, wie es sich anfühlt wenn man das Gefühl hat, statt seinen Füßen dort unten 2 Tiefkühlpizzas hängen zu haben, soll bitte einfach mal im arktischen Meer baden gehen. Wer jetzt denkt dass das brennt – falsch gedacht, man spürt einfach gar nichts mehr! Aber muss man definitiv mal gemacht haben, ab jetzt wird nie wieder ein Badesee oder ein Freibad kalt sein. Danach gings wieder in die Sauna und anschließend noch ein zweites Mal ins Meer, dieses mal sogar bis zum Hals. Nocheinmal kurz in der Sauna aufgewärmt (aber nur kurz und nur die Füße, das soll gesund sein) und wieder ab in den Bus und 5 Stunden wieder heim. Ich muss gestehen, man fühlt sich wirklich gut danach! Endlich im Cottage angekommen gings dann nochmal in unsere eigene Sauna, Julia hat währenddessen gekocht (purer Luxus, Danke nochmal :* ) bevor wir selig geschlummert haben.

„Oh what fun it is to ride in a Husky open sleigh“

Nächstes Highlight: Husky-Schlittenfahren. War das schön!!! Julia und ich teilten uns einen Schlitten, zuerst hat Julia gesteuert, die zweite Hälfte bin ich gefahren. Nicht nur die Natur war wunderschön, auch das Gefühl, von 6 Huskies gezogen durch die Weite Lapplands zu fahren, war unglaublich. Lenken ist natürlich auch möglich, man lehnt sich einfach in die jeweilige Richtung und die Hunde gehorchen. Natürlich haben wir auch ein paar Fotos oder Videos gemacht:

 

 

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An diesem Abend haben wir dann noch Rentierburger gegessen und richtig schöne Nordlichter gesehen, leider gibts davon kein Bild. Aber sie waren grün und sogar ein bisschen rot und einfach unvorstellbar schön.

„Des Skifoan is des leiwandste…“

IMG-20151211-WA0036An unserem letzten Tag wollten wir dann nach ein paar Rodel-Ausflügen zwischendurch noch einmal richtig Ski- bzw. Snowboard fahren gehen. Bei richtig schönem Wetter machten wir also erst einen kleinen Spaziergang inkl. ein paar Fotostops und IMG-20151211-WA0026anschließend gings für 2h auf den Kaunispää, einer von 2 Bergen im nördlichsten Skigebiet Europas. Hier Ski zu fahren ist schon nochmal anders als gewöhnlich. Um einen rum ist alles flach, die Natur ist viel karger als in den Alpen und es ist (entschuldigung) arschkalt!  Danach gings wieder in den Bus und schlappe 11 Stunden später waren wir wieder in Jyväskylä.

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Fazit: Lappland ist unglaublich schön, definitv noch einen Besuch wert und Husky-Schlittenfahren ist mein neues Hobby 🙂