Ich wollte ja schon immer mal nach Russland. Sehr konkret wollte ich es schon im Jahr 2013, als ich sowohl Flug als auch Hotel gebucht hatte und mich auf ein paar schöne Tage in St. Petersburg freute. Aber, da ich die Rechnung wohl ohne den (russischen) Wirt gemacht hatte, habe ich kein Visum bekommen und musste umplanen. Doch um das ganze Mal vorwegzunehmen: Dieses Mal hat es geklappt!

Am 20.10. um 12:00 sollte mein „Grand Russia Trip“ also starten. Vorher haben Julia und ich als alte Hausfrauen noch schmackhafte Spiegelei-Sandwiches und einen traumhaften Tortellini-Salat gezaubert und sind immerhin um 11:57 Uhr und nicht als letztes am Bus angekommen. Dann ging es erstmal fast 4 Stunden nach Helsinki und auf die Fähre nach St. Petersburg. Nachdem ich ja bei unserem Tallinn-Trip ein wenig von meiner Euphorie fürs Fähren-Fahren verloren hab (der interessierte Leser kann hier nachlesen) freute ich mich schon unglaublich auf 15 Stunden Schiff fahren. Aber alles halb so wild: Großzügig gestaltete 2er-Zimmer warteten zusammen mit high-class Spa-Badezimmern auf uns, die Fensterfront ließ den Blick aufs finnische Meer schweifen und komplettierte den Eindruck von Exklusivität, den dieser Raum verströmte. Schön wärs! Fensterlose 9m² Innenkabinen mit Klappbetten und einem wenn-ich-mich-aufs-Klo-setzte-kann-ich-gleichzeitig-duschen-Bad sollten nicht nur Julia und mich beherbergen, sondern auch noch 2 Französinnen, deren Koffer, unsere Koffer, Jacken, Schals, Rucksäcken und sonstige Dinge, ohne die man keine Woche Russland überleben würde.

Fährenkabine

Fährenkabine

Also blieb uns faktisch nichts anderes übrig, als in alter Tallinn-Manier wieder auf irgendeinem Deck rumzulungern. Nur dieses Mal ohne Seegang und mit Nudelsalat – definitiv die bessere Variante! Nachdem wir uns noch ein wenig im Duty-Free umgesehen hatten, ein bisschen mit den „den anderen“ aka Anna, Philip, Christoph und Jan auf die kommenden Tage angestoßen hatten, uns in unsere Klappbetten gepfercht und halbwegs geschlafen hatten, waren wir dann auch schon in St. Petersburg.

Aus Marina „Are – you – Pi – Pi?“ wird Марина РУ ПП

Also, im Fährenterminal. Das heißt, erstmal noch ein wenig warten (nach ca. 2 Stunden waren dann auch alle durch die Passkontrollen) und bangen, dass die freundlichen russischen Staatsbeamten, die gemäß ihres Gesichtsausdrucks nur darauf warteten, mich und 5000 andere endlich in Russland begrüßen zu dürfen, einen auch wirklich „reinlassen“. Als mich mein Prototyp einer genervten Grenzbeamtin dann noch fragte, wo denn meine Arrival Card sei war ich innerlich schon mit meinem Koffer auf dem Rückweg nach Helsinki. Meine ganze Erfahrung aus 23 Jahre unschuldigem, ratlosen, Blondinen-ich-weiß-nicht Blick auf einmal und ein zaghaft gestottertes „I don´t know“ brachte sie auf eine andere Idee: Die könnte ja ein Visum haben! Ja, tatsächlich hatte ich ja dieses mal ein Visum bekommen (sie erinnerte sich bestimmt an meinen letzten Antrag)! Und so wurde aus mir tatsächlich für eine Woche „Марина РУ ПП“

Citytour der anderen Art

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Die Gruppe in der Gruppe, v.l.n.r.: Jan, ich, Anna, Philip, Christoph, Julia

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St. Isaac´s Cathedral

Bei strahlendem Sonnenschein (das erste und gleichzeitig letzte Mal auf der ganzen Reise) machten wir uns anschließend im Bus auf zu einer City-Tour. Wer jetzt an klassische Sehenswürdigkeiten St. Petersburgs denkt wie beispielsweise die Kathedrale des verschütteten Blutes, das Heremitage oder den Katharinenpalast – falsch! Wir sind jetzt zwar bestens über die (zugegebenermaßen auch nicht zu verachtende) Entstehungsgeschichte von St. Petersburg informiert, anstatt aber gefühlt 2 Stunden in einer nicht sehr sehenswerten Festung zu verbringen hätte man dann vielleicht doch ein etwas anderes Programm wählen können. Besonders, weil die „City-Tour“ nach diesem Stop und einem kurzen Halt an der St. Isaac Kathedrale dann auch schon zu Ende war. Aber was solls, meine untrübbare Euphorie auf das was kommen mag machte alles halb so schlimm.

Anschließend ging es zum einchecken ins Hotel, das „Dostojevski“ (nur für gebildete Kunst- und Literaturkenner). Die Zimmer hier waren wirklich ordentlich und im Kontrast zur Fähre zum Verlaufen groß. Julia und ich hatten aber irgendwie ein Zimmer ganz am Ende des Gangs erwischt. Das mag jetzt vielleicht in einem normalen Hotel nichts schlimmes sein, wenn deine Zimmernummer aber 4 Stellen hat und irgendwas mit „6626“ lautet, könnte es darauf hinweisen, dass man lieber mal 10 Minuten zur Lobby einplanen sollte (was wir natürlich immer akribisch in unser Zeitmanagement aufgenommen haben :D).

Deine Seele ist so groß, nachts, da ist der Teufel los!

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Heremitage bei Nacht

Nach ein bisschen chillen, erkunden der Umgebung, noch mehr chillen und schließlich einem Make Up (Julia) und Hairstyling (Ich) im Aufzug (dieser Weg war wirklich unglaublich lang, die Betten zu bequem, und deutsches Fernsehen zu … naja … deutsch?) ging es zum letzten Programmpunkt für heute, der Night Cruise. Für 15€ konnte man eine 1-stündige Rundfahrt auf einem Boot buchen, pro Person gabs eine halbe Flasche Champagner inklusive. Ich weiß nicht was die da rein mischen, aber dieses Zeug ist wirklich gut (im Abgang Noten von Weichselkirschen, altem Leder und Südhangziegen, würde ich spontan sagen) und schmeckt nach mehr. Aber das eigentliche Highlight war natürlich die Bootstour. IMG-20151022-WA0003Nachts in St. Petersburg durch die vielen Kanäle und an den von allen Seiten beleuchteten Prachtbauten vorbei, das kann ich wirklich nur jedem empfehlen. Anschließend ging es dann mit dem Bus in einen Club (man konnte sich also quasi nicht wehren) und wir bekamen zum ersten Mal mit, was es heißt, russisch zu feiern: Getränke konnte man sich endlich wieder leisten, die Musik war gut und der Club schön. Später gab es dann für Julia und mich noch einen kleinen, meines Erachtens gut verhandelten Mitternachtssnack und eine ebenfalls gut verhandelte Taxifahrt ins Hotel (250 – 300 Rubel ist ein guter Preis, irgendwie haben wir aber nur 200 gezahlt).

Bernsteinzimmer

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Katharinenpalast von außen

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Vollblut-Touri on Tour

Der nächste Tag war dann ganz im Zeichen des Katharinenpalasts. Der Palast an sich liegt ca. 1 Stunde außerhalb von St. Petersburg. Wäre man also am abend vorher feiern gewesen, hätte man diese Zeit noch genüsslich für ein kleines Schläfchen nutzen können. Dort angekommen haben sich sämtliche Sterotypen über russischen Prunk restlos bestätigt. Gebildete Leute wie ich wissen natürlich (googlen vorher kurz nach) dass sich in diesem Palast eine Nachbildung des im 2. Weltkrieg verschwundenen Bernsteinzimmer befindet. Wir hatten eine Führung durch den Palast, die wirklich interessant war.

Ein bisschen Gold...

Ein bisschen Gold hier…

Was ich beispielsweise nicht wusste ist, dass das Bernsteinzimmer aus Deutschland stammt und auch eigentlich für ein deutsches Oberhaupt bestimmt war, man es aber aus taktischen Gründen an Russland verschenkt hat, um sich deren Unterstützung im Krieg zu sichern. Deshalb ist bis heute (und natürlich auch im Nachbau) der deutsche Reichsadler im Bernsteinzimmer eingebaut.

Ein bisschen Gold da...

Ein bisschen Gold da…

Leider durfte man im Bernsteinzimmer keine Fotos machen, einer rebellischen und hier nicht weiter erwähnten Psychologiestudentin gelang jedoch, eine zugegeben schlechte Aufnahme des unteren Teils zu machen.

Bernsteinzimmer mit deutschem Adler

Bernsteinzimmer mit deutschem Adler

Nach dem Palast sind wir dann noch russisch Essen gegangen. Ohne zu wissen was das wirklich ist habe ich einfach mal Bortsch bestellt (wenn man eh alles isst was auf den Tisch kommt) und eine recht wässrige Suppe mit gefühlt allen Einlagen die gerade weg mussten bekommen. Später an diesem Abend sind Julia und ich dann noch ins Ballett. Wenn man schonmal in St. Petersburg ist und grad irgendein russisches Staatsballett Schwanensee im Hermitage-Theater, einem Theater dass auch so schon sehenswert ist, aufführt, kann man da schonmal hingehen. Neidisch und beeindruckt wie elegant sich Menschen bewegen können, ging dieser Abend mal früher und ohne nächtliche Partys zu Ende (sorry Julia 😉 ).

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„Eines der größten Kunstmuseen der Welt“

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Heremitage von außen

Kunst und Kultur sind ja für mich wie meine zweiten Vornamen! Hochauf begeistert, gespannt wie Rainer Calmunds Unterhosengummi und topfit ging es deshalb an Tag 3 ins Hermitage-Mueseum (und nicht etwa weil es kostenlos in der Reise dabei war). Das Hermitage ist eines der größten Kunstmuseen der Welt, in gut 3 Stunden sind wir daher eher durchgehetzt als es ausgiebig zu erkunden. Trotzdem haben wir Bilder von DaVinci und Rembrandt gesehen, Mumien aus Ägypten und wieder unglaublich Prunkvolle Festsäle, da das Hermitage der Winterpalast irgendeines Zaren (im Notfall wars Peter der Große) ist.

"Treppenhaus" im Heremitage

„Treppenhaus“ im Hermitage

Anschließend und gestärkt von typisch russischen Pfannkuchen (ja, das war auch mir neu, dass irgendein Land traditionell gern Pfannkuchen isst; brachte Russland auf meiner imaginären Skala aber mindestens 50 Pluspunkte ein) ging es auf zur Kathedralentour. Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Diese Kathedralen sind wirklich unglaublich prunkvoll! Mehr Gold kann man glaub ich einfach nicht verbauen, mehr Säulen hatten nicht einmal die Griechen (im Hermitage gab es den „Saal der 20 Säulen“, in dem einfach 20 Säulen mittendrin standen – wer macht sowas?) und größere Kuppeln findet man nur in Rom.

Kuppel der St. Isaac Kathedrale

Kuppel der St. Isaac Kathedrale

Erstaunlich fand ich, dass 2 der 3 Kirchen gar keine Kirchen mehr sind (und es auch gar nicht lange waren) sondern jetzt Museen sind und Souvenierstände haben.

Kathdrale des verschütteten Blutes

Kathdrale des verschütteten Blutes

Komm wir tanzen auf dem Tisch, bis der Tisch zusammenbricht!

Abends ging es dann ein letztes Mal feiern, schließlich war es unser letzter Abend in St. Petersburg. Abgelegen in einem Hinterhof, in den sich wahrscheinlich sogar schon die Ratten nicht mehr allein hinein trauen, lag unser vertrauenserweckender Club. Innen war aber alles „ganz normal“ für russische Verhältnisse. Etwas „zu normal“ für meine Verhältnisse. Ich habe ja nichts gegen aufreizend gekleidete Damen auf einer Bühne, die ihre meist gut trainierten Körper ein wenig rhythmisch zur Musik bewegen. Aber lassts doch bitte die Klamotten an! Die sind doch schön! Anscheinend nicht schön genug, denn alle 15 Minuten wurden Top, Hose/Rock, BH und sonstiges unnötiges Zeug entfernt und nackt getanzt. Zugegeben würde mich auch das nicht stören, das einizige was nervt ist, dass man für 5 Minuten in eine Menge gaffender, wie angewurzelt stehender Leute gedrängt ist, die alle wie wild mit ihren Handys filmen und dabei versucht, ganz normal weiter zu tanzen (funktioniert nicht, habe es mehrfach probiert).

Irgendwann sind wir dann durch den schnuckeligen Hinterhof wieder raus (was kein Problem gewesen wäre, hätte der Club nicht 2 Eingänge gehabt und unsere Gruppe zur Hälfte zum einen und zur Hälfte zum anderen rein- und daher auch wieder rausgegangen wäre) und zum Hotel gelaufen.

Hello Novgorod!

1000 Jahre russische Geschichte dargestellt auf dieser einen Statue

1000 Jahre russische Geschichte dargestellt auf dieser einen Statue

Am nächsten Morgen hieß es vorerst Abschied nehmen von St. Petersburg, denn es ging über Novgorod nach Moskau. Novgorod stand jetzt zugegebenermaßen nicht auf der Liste der Städte, die ich in meinem Leben unbedingt gesehen haben muss. Aber, wenn es schon dabei ist, sagt man ja natürlich nicht nein (geht auch eher schlecht). Die Stadtführung die wir hatten war nicht schlecht, immerhin gilt Novgorod als „Geburtsstadt“ Russlands.

Moskau, Moskau deine Seele ist so groß, Nachts da ist der Teufel los!

Nach einem also mehr oder minder spannenden Novgorod ging es dann nach Moskau. Wann wir da allerdings ankommen werden, wusste keiner; denn angeblich gibt es zwischen St. Petersburg und Moskau nur eine einzige Verbindung und kurz vor Moskau kann man daher schon einmal ein paar Stunden im Stau stehen. Aus „Irgendwann zwischen Mitternacht und sechs Uhr früh“ wurde bei uns mit ziemlich viel Glück 1 Uhr nachts. Dann hieß es erstmal –topmotiviert, man fährt ja nicht seit morgens um 8 Uhr Bus – Zimmer beziehen. Wir waren in einem Hotelkomplex untergebracht, der damals für die Olympischen Spiele in Moskau (Na, wer weiß das Jahr?) 1980 gebaut worden ist und der viertgrößte der Welt ist. Dementsprechend gab es für einige von uns auch Zimmer im 26. Stock, Julia und ich waren mit unserem 13. Stock aber auch völlig zufrieden.IMG_20151025_121646

Am nächsten Morgen stand dann erst einmal eine Stadttour auf dem Programm. Mit dem Bus gings vorbei an Plattenbauten, prunkvollen Kirchen und eindrucksvollen Gebäuden aus der Kommunistenzeit. Am Ende der Tour erreichten wir dann den roten Platz (der übrigens gar nicht rot ist, ich war maßlos enttäuscht) inkl. angrenzendem Kreml, dem Edelkaufhaus Gum und der St. Basilius Kathedrale. Ich muss sagen: Hut ab! Das ist wirklich schön! Die Kathedrale sieht mehr als unwirklich aus, erinnert ein bisschen an Aladin oder das Disneyland; das Kaufhaus wiederum könnte z.B. auch in Wien stehen und die nüchterne Kremlmauer mit ihren Türmen auf der gegenüberliegenden Seite zeugt von Macht und Einfluss.

Roter Platz

Roter Platz

Kein Wunder, dass Julia und ich nach einer kurzen Sushi-Pause (hier kann man sich das im Gegensatz zu Finnland endlich mal wieder leisten!) die Zeit bis wir uns mit den anderen (die in dieser Zeit eine U-Bahn-Tour gemacht haben) treffen wollten mit Staunen, Selfies und Fotosessions verbracht haben. Ganz in der Nähe sind noch das Grab des unbekannten Soldaten sowie „Bauten deren Namen ich schon wieder vergessen habe aber alle beeindruckend waren“.

IMG_20151025_190530Auch einen kurzen Abstecher zur Mercedes Benz Fashion Week Moscow haben wir gemacht, allerdings hat uns mit unseren Timberlands, Regenjacken und Wollmützen niemand ernsthaft abgenommen, dass wir hier richtig sind (ein bisschen habe ich mich gefühlt wie mein Bruder Alexander wohl damals, als er mit Flip Flops und einer Brauerei-Cap in ein Villen-Maklerbüro auf Hawaii gelaufen ist).

„Irgendwie wissen sie nicht so recht, was sie wollen“

Kultur gabs natürlich auch noch für uns kleine Kirchen- und Museenjunkies! Die St. Basilis Kathedrale von innen sollte es sein. Nachdem wir in den letzten Tagen wirklich wirklich viele Kirchen gesehen haben, erwarteten wir wieder Gold so weit das Auge reicht, Deckenmalereien, Gemälde die eigentlich Mosaike sind (Malen kann doch jeder!?) und verzierte Altäre. Nö, dachten sich wohl die Architekten dieser Kathedrale. Wir machen das jetzt mal anders: Der Gottesdienst wird im ersten Stock gehalten (Behindertengerecht geht auch anders), und statt einem großen Raum bauen wir doch mal sowas wie ein Labyrinth. Und das war es echt! Zimmergroße Räume, verbunden über schmale Gänge, kaum Licht und statt Gold wurde hier mal (immerhin sehr nachhaltig!) Holz verwendet. Ich meine damit nicht, dass das nicht auch schön ist und eine andächtige Atmosphäre erzeugt (ganz im Gegenteil), nur erwartete man das einfach nicht von einer Kirche, die eines der Wahrzeichen von Moskau ist.

Vodka trinkt man pur und kalt, das macht 100 Jahre alt!

Danach ging es heim zum Essen, gemütlichen Cocktails trinken (Moscow Mule – ha ha 😀 ) und zur Klärung der Frage „Was macht man an seinem ersten richtigen und gleichzeitig letzten Abend in Moskau. Naja, Jan, Julia und ich waren uns einig – man geht spätestens um halb 10 aufs Zimmer um gegen 22:05 friedlich einzuschlummern. IMG-20151027-WA0065Wie es der Zufall aber so wollte haben wir auf dem Rückweg vom Essen zum Hotel noch einen anderen Teil unserer Reisegruppe getroffen, die uns vom offiziellen und organisierten Abendplan berichtet haben: eine Flatrate Party für 600 Rubel (so ca. 8,50€). Wehrlos wie ich nun mal bin musste ich mich geschlagen geben, auch Julias Widerstand war zwecklos; in Rekordtempo mussten wir uns fertig machen um rechtzeitig mit unserem Guide aufzubrechen. Per U-Bahn (die übrigens wirklich schön ist, ich weiß nicht wie oft ich hier jetzt schon etwas als „wirklich schön“ bezeichnet habe) gings in einen kleinen Club (diesmal ohne Hinterhof) und nachdem wir alle um 600 Rubel ärmer waren zum Trösten an die Bar.

U-Bahn-Station

U-Bahn-Station

Falls jemand zwischenzeitlich vergessen haben sollte in Russland zu sein, spätestens als man nach Bestellen eines Vodkas eine 0,5l Flasche am Tresen hatte, ist es einem schlagartig wieder eingefallen. Umsonst und so viel man wollte gab es also flaschenweise Vodka, Champagner (an das Zeug könnte man sich gewöhnen) und gezapftes Bier. Endlich konnte ich sowohl meine Großzügigkeit als auch mein Bedienungs-Gen wieder ausleben! Die ganze Reisegruppe wurde von mir mit Champagner versorgt, egal ob sie voher Vodka, Bier oder sonstiges im Glas hatten (oder es noch drin hatten, Vodka-Champagner schmeckt jetzt auch nicht so schlecht, oder?). Ich weiß nicht ob man es raushört, aber der Abend war rundum gelungen!

Verhandlungssichere Slowakischkenntnisse

U-Bahn fahren ist nicht so die beste Idee wenn man nicht einmal die Stationen lesen kann

Zu zweit U-Bahn fahren ist nicht so die beste Idee wenn man nicht einmal die Stationen lesen kann

Irgendwann haben Julia und ich uns dann entschieden heimzufahren und ich hab mal wieder den Part des Taxipreisverhandelns übernommen. Kurze Backgroundinfo: Ich war irgendwann in der 7. Klasse (vllt. so Anfang 2005) für 2 Wochen in Kežmarok/Slowakei auf einem Schüleraustausch. Meine Gastfamilie, die Hrebenarovas (oder so) haben mir beigebracht, auf Slowakisch bis 20 zu zählen und irgendwie hat sich das dermaßen in mein Hirn eingebrannt, dass ich es immer noch kann. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es jemals wieder brauchen würde – bis zu diesem Abend. Ein, zwei Gläschen Champagner intus begann ich, den Taxipreis mit den Moskauer Taxifahrern mit russischer Grimmigkeit und auf Slowakisch auszuhandeln, um mich nicht als Volltourist zu outen und abgezockt zu werden. Im Nachhinein betrachtet war das eventuell nicht der durchdachteste Plan, aber: Es hat funktioniert!

Kreml-Kirche

Kreml-Kirche

Für gefühlt ´nen Apfel und ein Ei sind wir locker 30 Minuten durch Moskau chauffiert worden. Allerdings in einem Fahrstil, dass man wirklich gespürt hat dass er so schnell es geht wieder zurück will, um mit normalen Fahrgästen auch einmal ein wenig Geschäft zu machen. Naja, wir waren im Hotel!

Hier ist Putin drin

Hier ist Putin drinIMG_20151026_134944

Am nächsten Morgen freuten wir uns auf eine baldige Abreise zum Kreml, eine relativ interessante Führung und mal wieder ein paar Kirchen (die ich jetzt in der Anzahl auch nicht unbedingt im Kreml erwartet hätte). Anschließend vertrieben wir uns noch etwas in Moskau die Zeit, um gegen Abend wieder in unseren inzwischen heißgeliebten Bus zu steigen und über Nacht nach St. Petersburg zu fahren.

Nochmal eine Kirche

Nochmal eine Kirche

Erinnert fast ein wenig an die Grand Zayek Moschee in Abu Dhabi...

Erinnert fast ein wenig an die Grand Zayek Moschee in Abu Dhabi…

„Bequemer geht’s nicht!“

Über Nacht in einem Omnibus nach St. Petersburg zu fahren- es gibt schöneres! Aber zum Glück hatte ich die netteste Person des ganzen Buses hinter mir sitzen! Nachdem ich (warum frag ich Dödel auch überhaupt?) netterweise gefragt habe, ob es denn okay wäre, die Lehne ein wenig nach hinten zu bewegen antwortete Sie „So wie es jetzt ist geht’s gerade noch so, aber mehr geht nicht…“.                            Ha.                 Ha.              Der Sitz war „so wie es jetzt ist“ keinen Millimeter in einer einer Schräglage auch nur ähnelnden Position, hätte ich ein Geodreieck dabei gehabt hätte ich einen astreinen 90° Winkel gemessen, vor dem jeder Maurer den Hut gezogen hätte und wäre ich mit diesem geraden Rücken ins Wasser gesprungen, wäre das die perfekte Kerze geworden. Aber okay, soll ja gesund sein, so eine Haltung. Eine Nacht lang. Im Bus.

Top erholt und selten so froh gewesen, einen Bus verlassen zu dürfen sind wir dann am nächsten Morgen gegen 8 Uhr in St. Petersburg angekommen um nochmals die Stadt frei erkunden zu dürfen. Der Sinn dieses Aufenthalts war keinem so wirklich klar, da wir ja bereits genug Zeit in dieser Stadt verbracht hatten. Deshalb machten wir uns es erstmal in einem Café gemütlich und sind anschließend noch ein bisschen die letzten Souvenirs shoppen und Rubel loswerden gegangen. Irgendwann gegen Mittag ging es dann mit Sushi to go im Gepäck wieder zurück in den Bus (inzwischen hegten wir eine innige Liebe) und endlich wieder Richtung Finnland. Nach sehr genauen Grenzkontrollen inkl. bewaffneter Grenzbeamten IM BUS und dem mehrmaligen Zeigen des Reisepasses wollten sie uns dann doch gehen lassen und wir hatten wieder finnischen Boden unter den Füßen. Gegen 22 Uhr erreichten wir dann Jyväsyklä und nach einer weiteren kleineren Busfahrt endlich auch wieder Kortepohja. Inzwischen hatte Chrissi zur Begrüßung noch für uns gekocht (Daaanke nochmal :-*) und danach fiel ich wie ein Stein in mein in dem Moment himmlisch bequemes Kortepohja Bett.

Fazit: Russland ist echt sehenswert, nächtliche Omnibustouren kann man auch getrost weglassen.

 

Edit: Die Bilder vom Fotografen (reist hier etwa jemand noch ohne persönlichen Fotografen!?) sind da, hier ein paar ausgewählte Schmuckstücke:

St Petersburg Novgorod Moscow

St Petersburg Novgorod Moscow

St Petersburg Novgorod Moscow

St Petersburg Novgorod Moscow

St Petersburg Novgorod Moscow